Die Tagesspiegel-Autoren Adrian Garcia-Landa und Christoph Trautvetter deckten auf, was es mit dem Schwitzen auf sich hat. Taliesin Property Fund Ltd. hat aber tatsächlich noch weitaus mehr zu bieten: nämlich eine Welt “entfesselter Buchhalter” (Tagesspiegel).
Zum einen verhalten sich die englischen Hedgefondsmanager nicht sehr viel anders wie deutsche Bauträger a la Ioannis Moraitis mit seiner Firma Hedera Bauwert GmbH (ehemals Gekko Real Estate GmbH) aus der Knesebeckstraße 33/34 in Berlin Charlottenburg mit dem Ziel Altbausanierung und Einzelverkauf der Wohnungen.
Während allerdings die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Moraitis aufgrund von Baupfuschanzeigen bezüglich des bis heute nicht fertiggestellten Sanierungsobjektes in der Zossener Straße in Berlin Kreuzberg ermittelt, sollen bei Taliesin Baumaßnahmen nicht immer die nötigen Genehmigungen gehabt haben oder sie seien angeblich großzügig interpretiert worden, wenn sie vorlagen.
Fakten lassen sich oft schneller schaffen, als Mieter oder Behörden reagieren können. Auch in Milieuschutzgebieten. Etwa mit den Heizungen, die Taliesin Property Fund Ltd. in der Eisenbahnstraße in Kreuzberg und der Karl-Marx-Straße in Neukölln 2013 und 2014 mutmaßlich ohne die nötigen Genehmigungen einbauen ließ, wie aus einer Gerichtsverhandlung aufgrund einer Klage eines Mieters im November 2016 hervorging.
Unterm Strich sieht es bei Taliesin Property Fund Ltd. sieht so aus:
Die Zahl ihrer Berliner Häuser blieb annähernd stabil, der Wert hingegen kletterte 2015 auf 267 Millionen Euro. Kaufte die Gruppe 2006 für durchschnittlich 945 Euro pro Quadratmeter ein, ist heute jeder ihrer 119.000 Quadratmeter 2.240 Euro wert. Der Plan ist, so die Tagesspiegelautoren, mindestens zu 3.750 Euro zu verkaufen. Das gelang 2015 bereits mit der Warschauer Straße 76, laut Eigenangaben von Taliesin ein Machbarkeitstest. Der Gewinn lag bei 4,3 Millionen Euro.
Dieses Verhalten ist jedoch blanker Durchschnitt und lockt nicht unbedingt Investoren wie blackstone an.
Die entfesselten Buchhalter
Und diese Welt lebt von einem sehr unterschiedlichen Gewinnbild in Deutschland und in England zum Wohle der Shareholder, Steuerberater und Manager.
In den Bilanzen und Steuererklärungen in Deutschland und Luxemburg finden sich zunächst Mieteinnahmen von knapp elf Millionen Euro. Dagegen stehen steuerlich erlaubte Abschreibungen für die Abnutzung der Häuser von circa drei Millionen Euro, Verwaltungsgebühren von knapp zwei Millionen Euro sowie verschiedene Zinszahlungen und Kredite zwischen den einzelnen Firmen. Unter dem Strich gibt es hier 2015 sogar einen kleinen Verlust.
Die Muttergesellschaft in Jersey hingegen berichtete 2015 für Investoren und Berater einen Gewinn von 53 Millionen Euro aus der theoretischen Wertsteigerung der Häuser und zahlte davon den Aktionären der ersten Stunde Dividenden von neun Millionen Euro und den Beratern aus England elf Millionen Euro Erfolgsprämie – zusätzlich zu den 2,5 Millionen Euro jährlichen Gebühren. Insgesamt leistete Taliesin 2015 Zahlungen von 22,5 Millionen Euro .
Neben der regulären Bezahlung der Taliesin-Gründer, circa 2,5 Millionen Euro im Jahr 2015, erhalten diese zusätzlich Prämien von 20 Prozent auf die Wertsteigerung der Häuser. Beispiel: Wurde 2006 ein Haus für 1.000 Euro pro Quadratmeter gekauft und 2016 für 3.500 Euro verkauft, hat der Investmentberater in der Zwischenzeit 500 Euro an Gebühren eingestrichen, ein Fünftel von 2.500 Euro. Bei einer Wohnung von 100 Quadratmetern sind das immerhin 50.000 Euro.
Hinzu kommt: Die Prämien fließen lange, bevor die Gewinne überhaupt entstanden sind und egal zu welchen Preisen die Wohnungen zuletzt verkauft werden. Eine Verlustbeteiligung ist – wie in den guten Zeiten vor der Finanzkrise – nicht vorgesehen.
Wie aber kann man etwas verdienen, was noch nicht verkauft wurde?
Das liegt vor allem an den Unterschieden zwischen der hiesigen und der angelsächsischen Buchhaltung. In Deutschland sinkt der Buchwert der Häuser jährlich, da man die theoretische Abnutzung abschreibt. In England steigt deren Buchwert: Jährlich bewertet ein externer Makler das Portfolio neu, auf jede festgehaltene Steigerung erhalten die Investmentmanager eine Provision. So stehen in den deutschen Büchern der Taliesin-Gruppe 90 Millionen Euro für die Gebäude, in den englischen 267. 2015 stieg der Wert der Taliesin-Gebäude dort um 53 Millionen Euro. Davon flossen elf Millionen Euro an die Gründer in London, in bar oder als Aktien.
Wie kann nun ein veränderter Buchwert, also eine Zahl auf einem Bildschirm, in reales Geld umgewandelt werden?
Hier zeigt sich die spekulative Seite des Taliesin-Unterfangens: Die Gruppe hat insgesamt 135 Millionen Euro geliehen, 90 Millionen Euro bei Banken und 45 Millionen Euro aus Anleihen. Damit kaufte sie die Immobilien und damit zahlte sie die Renovierungskosten. Da der Wert der Häuser kontinuierlich steigt und ein Wertverlust unwahrscheinlich ist, hat Taliesin keine Schwierigkeiten, frisches Geld zu finden. Banken stehen Schlange, alte Kredite lassen sich mit neuen, viel günstigeren tilgen. Finanzinvestoren kaufen bereitwillig die Anleihen, die Taliesin an der Londoner Börse anbietet. So wird aus einer veränderten Zahl auf Papier Bargeld auf einem Konto. Ganz wie in den ersten Versen des achten Kapitels des Buchs Taliesins (walisische Gedichte aus dem 6. Jahrhundert): “Ich hatte zahlreiche Gestalten, bevor ich eine feste annahm.”
Ein Wasserkopf, der Kosten spart
Wer jetzt auch Lust auf Steuervermeidung hat, sei gewarnt: Steuern sparen ist nicht billig. Gebäude-Firmen in Berlin und Luxemburg, Holdings in Zypern und Jersey erzeugen einen hohen Verwaltungsaufwand und sind entsprechend teuer. Wie viel genau die Taliesin Gruppe dafür jährlich ausgibt, lässt sich nicht sagen, aber laut Jahresberichten sind es mindestens 400.000 Euro.
Davon fließen 221.000 Euro an die Briefkastenverwaltungsfirma JTC auf Jersey, 49.000 Euro an deren Direktoren, 125.000 Euro für die Verwaltung der Firmen in Luxemburg, und weitere nicht klar aufgeschlüsselte Kosten für die Briefkastenverwaltungsfirma Montrago auf Zypern. Dazu kommen noch die Kosten des Geschäftsführers der deutschen GmbHs, der in Gibraltar wohnt, sowie die der Steuerberater und Notare in den verschiedenen Ländern. Der europaweite Papierwirbel muss amtlich korrekt festgehalten werden.
Die Ausgabe von 400.000 Euro bleibt aber viel günstiger als die Steuern, die in Berlin fällig wären. Trotz einer Jahreseinnahme von knapp 11 Millionen Euro zahlt man nicht mehr Steuern, als hätte man gerade mal eine Einnahme von rund 750.000 Euro. Das macht die Taliesin Property Fund Limited auf dem Börsenparkett für Investoren so besonders attraktiv. Nun denn…