Das ist auch der Grund, warum es für die restlichen sechs S&K-Verantwortlichen keine Gnade gibt. Sie müssen so kurz vor ihrem Prozess wegen der akuten Fluchtgefahr als Hauptnutznießer eines mutmaßlichen Schneeballsystems, bei dem 10.000 Kunden um 200 Millionen Euro betrogen worden sein sollen, weiter in ihren Zellen schmoren:
Stefan Schäfer sitzt hinter denselben Mauern wie S&K-Aufsichtsrat und United Investors Mehrheitsinhaber Hauke Bruhn (48) aus Hamburg in der JVA Weiterstadt in Hessen ein.
Jonas Köller brummt in der JVA Koblenz in Rheinland-Pfalz.
S&K-Aufsichtsrat und Geschäftsführer des Hamburger Emissionshauses United Investors Holding GmbH Thomas Gloy aus Itzehoe (Schleswig-Holstein) ist in der JVA Frankfurt I weggeschlossen.
S&K-Vertriebsboss Daniel Fritsch (36) aus Erlensee (Hessen) muss unter einem Dach mit Multi-S&K-Geschäftsführer Marc-Christian Schraut (40) aus Röllbach in der JVA Kassel bleiben.
Igor Petri durfte mit einer etwas schwammigen Begründung vom OLG Frankfurt gehen:
Hinsichtlich des beschuldigten Rechtsanwalts sei die Straferwartung unter Berücksichtigung der bereits verbüßten Untersuchungshaft von 21 Monaten zwar noch hoch genug, um einen Fluchtanreiz zu begründen, aus Verhältnismäßigkeitsgründen sei es jedoch geboten, ihn nach Leistung einer angemessenen Sicherheit und unter weiteren Auflagen (wöchentliche Meldung, Abgabe von Ausweispapieren, Verbot von Auslandsreisen und Anzeige jeden Wohnungswechsels) von der weiteren Untersuchungshaft zu verschonen.
Igor Petri hatte bis kurz vor der Verhaftung versucht, Kritiker des S&K-Systems mundtot zu machen. GoMoPa.net wurde von Igor Petri mit Unterlassungsklageandrohungen und einstweiligen Verfügungen an verschiedenen Gerichten mit einem Streitwert von 3 Millionen Euro überzogen. Die Wirtschaftswoche sollte mit Unterlassungen mit einem Streitwert von 2,31 Millionen Euro in die Knie gezwungen werden.
Die Wirtschaftswoche aus Düsseldorf hatte, wie schon GoMoPa.net ein halbes Jahr zuvor, am 28. Januar 2012 auf ihrer Titelseite Schäfer vor einer Millionenvilla, Lamborghinis und halbnackten Models gezeigt und darunter geschrieben: “Windige Anlagen. Ein Blick hinter die Kulissen des Kapitalmarkes. Was Sie besser nicht kaufen sollten.”
In der Klageschrift vom 11. Februar 2013 störte sich Rechtsanwalt und Notar Igor Petri aus der Kleebergstraße 12 in Frankfurt am Main im Namen von Köller und Schäfer sowie der Deutschen S&K Sachwert AG zum Beispiel daran, dass die Wirtschaftswoche-Redakteurin Melanie Bergermann aus Frankfurt Jonas Köller nur 48 Stunden zur Beantwortung komplizierter Fragen gelassen habe. Und überhaupt, wieso glaube die Redakteurin in der Position zu sein, Köller Fristen zu setzen, fragte der Anwalt.
S&K störte sich insbesondere an der Frage der Redakteurin, ob Köller dem Schäfer tatsächlich einen goldenen mit Swarowski-Steinen besetzten Hundefressnapf geschenkt habe. Ein öffentliches Interesse könne S&K nicht erkennen. Was an der Frage kompliziert sein soll, erschließt sich wiederum den Journalisten nicht.
Außerdem, forderte der S&K-Anwalt, möge die Wirtschaftswoche doch mal ihre Quellen überprüfen. Gegen alle Kritiker seien Verfahren vor Gerichten anhängig. Das wertete S&K als Beweis dafür, dass die Quellen nichts taugen würden.
Damit wollte Petri offenbar GoMoPa.net schlecht machen, gegen den Petri allein 36 Unterlassungen für seine S&K-Mandanten eingereicht hatte. Natürlich zu Unrecht, wie das OLG Frankfurt nun am 26. November 2014 bei der Begründung für die weitere Inhaftierung der S&K-Verantwortlichen mit sehr deutlichen Worten untermauerte. In der Begründung heißt es unter anderem:
Das OLG hält die Beschuldigten nach wie vor des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges (teilweise Beihilfe) sowie teilweise darüber hinaus der schweren Untreue beziehungsweise der Anstiftung zur Untreue für dringend verdächtig. Der Vorwurf geht dahin, dass die Anleger der “S&K-Gruppe” dadurch getäuscht wurden, dass ihnen vermittelt wurde, mit den von ihnen eingezahlten Geldern sollten im Rahmen der aufzulegenden Fonds Gewinne realisiert werden, während tatsächlich beabsichtigt gewesen sei, die Gelder für die Ausstattung des von den Hauptbeschuldigten S. und K. unterhaltenen Schneeballsystems zu verwenden.
Für alle sieben (Stand bis 26. November 2014 – Anmerkung der Redaktion) noch in Untersuchungshaft befindlichen Beschuldigten (ein weiterer Beschuldigter war durch den Beschluss vom 23.12.2013 von der Haft verschont worden) sieht das OLG in Anbetracht der für den Verurteilungsfall zu erwartenden erheblichen Freiheitstrafen von bis zu zehn Jahren den Haftgrund der Fluchtgefahr.
[…]
Das OLG hat angeordnet, dass die Akten im Februar 2015 zur nächsten Haftprüfung vorgelegt werden müssen.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar.
GoMoPa.net rief heute bei Rechtsanwalt und Notar Igor Petri in der Kanzlei an. Doch dort lief nur ein Ansageband. Ein erbetener Rückruf blieb aus.
Es stellt sich die Frage, wer für Petri die 100.000 Euro Kaution aufgebracht hatte. Petris geldwerte Habe liegt nach dinglichen Arresten vom 21. Januar und 8. April 2013 konfisziert und verteilt in der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Frankfurt am Main (17.950 Euro in bar) und bei der Spedition Walter HENSEL In Frankfurt (Möbel im Schätzwert von 50.000 Euro, 2 Macintosh-Lautsprecher im Wert von 23.000 Euro, ein Bang Olufsen Flachbildfernseher für 8.000 Euro, ein Crosstrainer und Laufband von TechnoGym für 4.900 Euro).
In der Hinterlegungsstelle der Kriminaldirektion K 60 AG Cash in der Adickesallee 70 in Frankfurt landeten aus dem Besitz Petris 18 Krügerrand-Münzen, 5 Armbanduhren der Marken Bulgari, Rolex Gold 18 K, Wempe, Cartier und Jaeger-LeCoultre, 2 goldene Duponfeuerzeuge und 2 Goldarmbänder sowie diverser Schmuck.
Und alle drei Frankfurter Flur-Grundstücke im Besitz von Petri wurden vom Land Hessen am 11. März 2013 mit einer Zwangssicherungshypothek von je 120.000 Euro belegt. Aktenzeichen: 7310 Js 230995/12. Nun denn…