Auf dem Markt für Online-Werbung verdienen Firmen wie Google und Yahoo jährlich Milliarden. Auch Privatanleger könnten daran partizipieren und müssten dafür noch nicht einmal eine Webseite vorweisen, versprach das Unternehmen Marketing Terminal GmbH.
Leichtgläubige wurden mit bis zu 100 Prozent Rendite gelockt. Nun sitzt der Drahtzieher der Abzocke Meik Frankenhauser in Untersuchungshaft. Zurück bleiben mehr als 10.000 geprellte Anleger und ein Schaden von bis zu 40 Millionen Euro.
Auf der Webseite der Firma mit Sitz in Kempten wurde das Scheinprodukt im Bereich Online-Werbung angepriesen:
Wir blicken auf eine langjährige Erfahrung im Bereich Marketing und Werbung zurück. Durch unsere Tätigkeit haben wir über die Jahre unzählige Kontakte und Kompetenzen aufgebaut. Das Internet gibt uns die Möglichkeit all unser Wissen und die Beziehungen in einem neuen Konzept zu vereinen. Daher haben wir eine neue Innovation auf den Markt gebracht. Das Affiliate Marketing Radar:
– 120/240/365 Tage Laufzeit
– Auszahlung am Ende der Laufzeit
– kein Verwaltungsaufwand
– kein Hosting
– aktuelle Statistiken
– erfolgreicher Markt
Kunden konnten für mehrere Hundert Euro Marketing-Pakete erwerben. Doch um von den üppigen Provisionszahlungen zu profitieren, mussten sie in der Folge neue Mitglieder anwerben. So wollte das Unternehmen angeblich seine Reichweite im Werbegeschäft erhöhen und die traumhaften Renditen von bis zu 200 Prozent mit Online-Werbung erwirtschaften.
“Ich fand das logisch”, zitiert die Süddeutsche eine geprellte Teilnehmerin. “Ich dachte, Mensch, da hast du ja einen Goldklumpen in der Hand.” Sie hatte anfangs noch 3.000 Euro monatlich verdient und deshalb sogar ihren Job gekündigt.
Zunächst flossen die üppigen Provisionen auch noch, doch dann fragten einige Teilnehmer des Ponzi-Schemas, ob den ganzen verkauften Marketingpaketen überhaupt ausreichend gebuchte Werbung gegenüber stünde. Die Marketing Terminal GmbH versuchte die unbequemen Fragen mit Fantasie-Aussagen abzuwürgen:
Es ist so, dass Marketing Terminal ein monatliches Werbebudget, der Partner die Werbung buchen, zur Verfügung gestellt bekommt. Natürlich können nicht mehr Pakete verkauft werden, als auf der anderen Seite Werbebuchungen getätigt werden. Marketing Terminal ist aber in der glücklichen Lage, dass ein monatliches Budget von mehreren Millionen Euro vorliegt.
Wäre das wirklich der Fall gewesen, hätte das unbekannte Unternehmen aus dem Allgäu im hartumkämpften Werbemarkt bereits ganz oben mitgespielt. Tatsächlich waren die Marketing-Pakete wohl nur das berühmte “Alibiprodukt “, um das Schneeballsystem am Laufen zu halten. In einer Pressemitteilung des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West heißt es:
Durch den im Oberallgäu wohnhaften 45-jährigen Tatverdächtigen war 2013 eine augenscheinlich auf “Affiliate-Marketing” spezialisierte Firma mit angeblichem Sitz in München gegründet worden. Die Firma gab dabei vor, dass Investoren durch Provisionen aus Online Werbung hohe Gewinne erzielen könnten. Entgegen der Werbeversprechen der Firma, die ihren tatsächlichen Sitz in Kempten hatte, besteht nach bisherigen Ermittlungen der Verdacht, dass die angeblichen Gewinne, die in der Anfangsphase auch an die Investoren ausgezahlt wurden, primär nicht aus Werbeumsätzen sondern im Wesentlichen aus den Investitionen der neugewonnenen Anleger stammen.
Der Polizeisprecher Christian Owsinksi bestätigte gegenüber GoMoPa.net indirekt, dass es sich bei der Firma um die Marketing Terminal GmbH handelte:
Es ist so, dass die Staatsanwaltschaft die Vorgabe gemacht hat, dass die Namen [der Tatverdächtigen und der Firma, Anm.d.Red.] nicht genannt werden. Gleichwohl haben die Kollegen sehr gut recherchiert, die gerade darüber berichten.
Meik Frankenhauser aus Kempten gilt als Drahtzieher hinter dem Schneeballsystem.
Demnach ist der Hintermann des Ponzi-Schemas Meik Frankenhauser (45) aus Weitnau bei Kempten. Er hat bereits im Jahr 2004 zwei Privatinsolvenzen durchgemacht. Im Jahr 2007 wurde dann auch noch ein Inkassoverfahren gegen Frankenhauser aufgrund unbezahlter Rechnungen in Höhe von 407 Euro erlassen.
Doch davon ließ sich das “Steh-Auf-Männchen” scheinbar nicht beeindrucken und stürzte sich wieder ins Geschäftsleben – mit bescheidenem Erfolg. Im Jahr 2012 wurde er wegen offener Forderungen in Höhe von 9.930 Euro unter Inkasso-Überwachung gestellt. Am 25. September hob Frankenhauser dann erneut den Finger und gab den “Offenbarungseid” ab.
Doch Frankenhauser hatte die rettende Idee, um sich aus dem finanziellen Ruin zu befreien. In einer Online-Präsentation bewarb er seine neugegründete Firma Marketing Terminal GmbH mit den Worten vorgestellt: “Ähnlich wie Bannersbroker, aber deutsches Unternehmen!”.
Immerhin in diesem Punkt war der Hintermann der Firma aus dem Allgäu ehrlich, denn bei Bannersbroker handelte es sich um ein internationales Schneeballsystem, das auf Online-Werbung als Produkt-Vehikel setzte und bei dem Anleger um Millionen betrogen wurden. Der Bannersbroker-Schneeball fiel bereits 2012 in sich zusammen und rief Strafverfolgungsbehörden verschiedener Länder auf den Plan. Obwohl die Verantwortlichen versuchten, ihre Beute im Steuerparadies Belize zu verstecken, konnten Ermittler einen Teil der Anlegergelder auf kanadischen Konten sicherstellen.
Frankenhauser wollte die Idee scheinbar kopieren und nutzte dazu die Firmen Marketing Terminal GmbH, Provisionsnetz Deutschland Vertriebs GmbH und Allgäu Consulting Betriebe GmbH ab. Bei allen drei Firmen wurde Nicole Müller (23) – vermutlich als Strohfrau – im Posten der Geschäftsführerin platziert. Ebenfalls involviert war Ralf Schwärzler (44), der zusammen mit Frankenhauser stets den Posten des Prokuristen bei den Firmen innehatte. Gegen die beiden wird ebenfalls ermittelt, sie befinden sich jedoch noch auf freiem Fuß.
Ehemalige Geschäftsführerin aller drei Firmen ist Christine Hösler (46), die polizeilich an derselben Adresse gemeldet ist wie Frankenhauser. Ihre Rolle in der Millionenabzocke ist unklar und sie scheint auch bei den Ermittlungen bisher nicht zu den tatverdächtigen zu zählen.
Bereits im Sommer 2014 brach der Marketing-Terminal-Schneeball mangels neuer Einzahlungen in sich zusammen. Zunächst wurden Auszahlungen nur verspätet getätigt, schließlich wurden sie drastisch gekürzt. Die Schuld trugen natürlich die bayerischen Ermittlungsbehörden, die die Marketing Terminal GmbH mit unliebsamen Fragen zum Thema Geldwäsche konfrontierten:
Im Laufe dieser Woche wurden wir von der Staatsanwaltschaft in Kenntnis gesetzt, dass diverse Geldwäscheanzeigen der Banken gemacht wurden, die nun eine Überprüfung unseres Unternehmens notwendig machen. Da dies ein völlig normaler Vorgang ist, kooperieren wir mit den Behörden in vollem Umfang und halten Euch über den Stand der Ermittlungen weiter auf dem Laufenden.
Die “Affiliate-Partner” wurden darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Preise der Marketing-Pakete künftig um die Hälfte steigen, während die Provisionen um die Hälfte gekürzt werden. Vertriebsprovisionen würden zudem gänzlich gestrichen. Alle Rückfragen verbot sich die Firma:
Alle Diskussionen über “was wäre wenn” halten uns von unserer Arbeit ab.
Ich bitte hier noch mal alle Partner uns in Ruhe weiter arbeiten zu lassen und uns nicht zu löchern mit Emails und Anrufen warum es so ist wie es ist. Unsere Entscheidung steht bis auf weiteres fest.
Die Horrornachrichten für die Teilnehmer endeten mit dem süffisanten Satz “Der Geschäftsbetrieb läuft ganz normal weiter”. Verständlich, dass enttäuschte MT-Jünger – von denen einige immerhin mit 250.000 Euro investiert waren – ihrem Ärger lautstark Luft machten und sogar Morddrohungen an Strohfrau Nicole Müller aussprachen. Doch es sollte in den folgenden Wochen noch schlimmer für die Teilnehmer des Schneeballsystems kommen. So gab die Marketing Terminal GmbH wenig später bekannt:
Im Zuge der Ermittlungen wurden natürlich auch unsere Konten vorübergehend blockiert. Dies bedeutet allerdings nicht, dass wir zahlungsunfähig sind oder das Geld weg ist, sondern lediglich das für einen begrenzten Zeitraum auf die Konten nicht zugegriffen werden kann. Wir rechnen nun mit einer zeitnahen Freigabe innerhalb der nächsten Woche. Diese Vorgänge sind allerdings als völlig normal anzusehen, wenn es sich um Beträge in unserer Größenordnung handelt! Wir würden es sehr begrüßen, wenn sich alle ruhig verhalten. Es besteht keinerlei Anlass zu wilden Spekulationen.
Was uns nun getroffen hat ist ein völlig normaler Vorgang, wenn ein Unternehmen zu schnell wächst.
In der Tat riecht es immer schnell nach Betrug, wenn ein Unternehmen Millionen einsammelt ohne über ein vorzeigbares Produkt oder ein Geschäftsmodell zu verfügen. Während den MT-Gläubigen zu dem Zeitpunkt noch vorgegaukelt wurde, dass dem Unternehmen durch die Ermittlungen der Behörden und die Querulanten in den eigenen Reihen ein Schaden in Höhe von 10 Millionen Euro entstanden sei, setzte sich Drahtzieher Frankenhauser vorsorglich ins Ausland ab. Die schwäbische Polizei berichtet:
Der 45-Jährige Tatverdächtige, der sich bereits zeitweise ins Ausland abgesetzt hatte, wurde am 7. Oktober aufgrund eines von der Staatsanwaltschaft erwirkten Haftbefehls festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt, der die Untersuchungshaft anordnete. Die Ermittlungen der Kripo Kempten richten sich zudem gegen einen 44-jährigen Mann sowie eine 23-jährige Frau, die an den Taten beteiligt gewesen sein sollen. Im Rahmen der Ermittlungen wurden sechs Gewerbe- bzw. Privatobjekte durchsucht und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Die auf den Firmen- bzw. Privatkonto des Mannes vorhandenen Summen wurden von der Polizei eingefroren.
Wenige Tage vor seiner Verhaftung wandte sich Frankenhauser noch ein letztes Mal an die geprellten MT-Teilnehmer:
Wir möchten hier jetzt nicht auf “nicht vorhandenen Garantien” und “nicht vorhandenen Zusagen” herumreiten, haben allerdings schmerzlich kennengelernt wie es ist, wenn man etwas Gutes machen will, aber dies immer wieder falsch verstanden wird.
Ob auch im Fall Marketing Terminal GmbH noch Anlegergelder zu retten sind, bleibt abzuwarten. Das Schicksal des Drahtziehers dürfte trotz “guter Absichten” dasselbe sein wie bei seinem internationalen Vorbild: Anklage, Prozess und mögliche Haftstrafe wegen Betruges. “Ähnlich wie bei Bannersbroker, aber deutsches Unternehmen!” Nun denn…
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