Wegen eines starken Leistungsabfalls seines zehn Jahre alten BMWs wurden von der Markenwerkstatt 6 Injektoren getauscht, obwohl nur 3 kaputt waren und alle Injektoren erst bei der letzten Durchsicht ausgetauscht worden waren. Die Rechnung belief sich auf über 3.500 Euro.

 

Sander fühlt sich abgezockt,

vor allem, weil er mir die Fehlerprotokolle nicht geben wollte. Der Meister hat gesagt, es handelt sich hierbei um ein Betriebsgeheimnis.

Als der BMW-Fahrer nach Kulanz fragte, bekam er zu hören, mehr als die gewährten 5 Prozent Rabatt seien nicht drin.

Erst als sich Sander schriftlich bei BMW beschwerte, erließ man ihm 50 Prozent des Rechnungsbetrages. Dennoch musste Sander rund 1.700 Euro zahlen, wo er doch eigentlich hätte eine Garantie auf die bereits zuvor getauschten selben Teile bekommen müsste.

BMW erklärte auf Presseanfrage: Alles sei korrekt gelaufen. Die Reparaturen wären leider erforderlich gewesen. Und der Kunde habe schließlich einen kulanten Nachlass erhalten.

In einem Test mit versteckter Kamera suchte im Sommer diesen Jahres ein Team von ZDF Frontal21 drei Markenwerkstätten auf. Die Reporter haben zuvor in einem ansonsten mängelfreien BMW eine defekte Sicherung einbauen lassen. Preis: 75 Cent.

Das Ergebnis fiel grundverschieden aus, war aber überwiegend ernüchternd:

 

Bei einer Mercedes-Vertragswerkstatt kann der Mechaniker den Fehler finden und lösen. Er berechnet für seinen Einsatz keinen Cent.

In einer BMW-Werkstatt sieht das anders aus. Die Mechaniker verlangen 110 Euro für die Reparatur. Laut Rechnung hat allein der Ein- und Ausbau des Handschuhfaches 44 Euro gekostet. Das ist klare Abzocke! Im Handschuhfach befindet sich der Sicherungskasten. Innerhalb von zehn Sekunden lässt sich dieser mit zwei Handgriffen öffnen. Ein Ein- oder Ausbau ist keinesfalls nötig.

Volkswagen übertreibt es völlig und verlangt 213 Euro. Der Serviceberater erklärt, er habe den Kraftstoffdrucksensor, den Drehzahlfühler und das Motorsteuergerät ausgetauscht – und erst dann nach der Sicherung geschaut. Das Autohaus erklärt, der Fehler habe “außerhalb der technischen Logik” gelegen.

Der Hersteller des BMW erklärte zu dem Testergebnis:

 

Die “BMW Handels- und Service-Organisation” sei “in allen Anstrengungen auf die Zufriedenheit der Kunden fokussiert”. Details zu Vereinbarungen zwischen Hersteller und Handel teile man “aus Wettbewerbsgründen” nicht mit.

Die ZDF-Reporter Andreas Baum und Stefan Gierer trafen einen ehemaligen BMW-Werkstattmeister, der über seine Erfahrungen berichtet. Er möchte nicht erkannt werden.

Der ehemalige BMW-Meister erzählte:

In der Werkstatt stehen alle ständig unter Druck, Umsatz zu machen. Das wird vom Hersteller über die Geschäftsleitung bis zu den Werkstatt-Mitarbeitern durchgereicht. Jeder wird nur noch an den Zahlen gemessen.

Seine damalige Geschäftsleitung habe für Mitarbeiter jährlich steigende Umsatzvorgaben gemacht. Um die zu erreichen, sei auch getrickst worden – besonders mit teuren Arbeitszeiten, die tatsächlich gar nicht angefallen seien.

Der ehemaliger BMW-Meister weiter:

Zum Beispiel Fehlersuche und Prüfarbeiten, besonders an dem ganzen technischen Firlefanz. Das können die Kunden ja nicht nachprüfen. Das ist ‘ne Gelddruckmaschine.

Etwa 20 Prozent der Werkstattrechnungen sind fehlerhaft

Andreas Becker von “inspekto.de” prüft regelmäßig Rechnungen. Er sagt:

Wir können mit Sicherheit sagen, dass circa 20 Prozent aller Werkstattrechnungen fehlerhaft sind.

Darin fließen lediglich die überteuerten Rechnungspositionen ein. Ungerechtfertigte Reparaturen sind darin nicht aufgelistet.

Johannes Hübner vom Automobilclub Deutschland (AvD) wundert das Vorgehen nicht:

Die Werkstatt steht unter einem enormen Kostendruck, weil auch der Fahrzeugverkauf nicht mehr viel einbringt.

Zudem sind die Werkstattintervalle für Ölwechsel oder Inspektion zu groß. Also versuche man, die Kunden auszubeuten.

Der als Autopapst bekannte Berliner Experte Andreas Keßler berichtet von einem Eingreifen der Hersteller mit fatalen Folgen:

In vielen Fällen sind Vertragswerkstätten auch selbständige Unternehmungen von selbständigen Unternehmern, Kfz-Meistern, die genauso wie auch freie Werkstätten eben am Markt existieren müssen.

Sie haben aber einen über sich. Das ist der Vertragspartner Hersteller, die bestimmte Umsatzvorgaben machen und in die freie unternehmerische Tätigkeiten eingreifen. Und das führt dann manchmal zu Verspannungen, nenn ich es mal.

Wie diese Verspannungen aussehen, berichtet ein ehemaliger Opel-Vertragspartner aus Norddeutschland, der nicht erkannt werden möchte, wie folgt:

Es gibt Umsatzvorgaben von Opel. Und die werden jedes Jahr höher. Das ist ein Riesendruck.

Da kommt ein Außendienstler mit den Vorjahreszahlen. Und dann wird festgelegt, wie viel Umsatz man im neuen Jahr machen muss. Also die Zahlen pro Quartal.

ZDF-Reporter Baum: “Und was passiert, wenn man die nicht erfüllt?”

Der ehemalige Opel-Vertragspartner:

Dann bekommt man keine Rabatte mehr auf die Ersatzteileinkäufe.

Wenn man also merkt, dass man den Umsatz nicht schafft, muss man Teile auf Vorrat kaufen, um den Rabatt zu sichern. Denn auf den ist man finanziell angewiesen.

Reporter Baum: “Und wie viel Prozent sind das?”

Der ehemalige Opel-Vertragspartner:

Je nach Teilekategorie und Umsatzhöhe fängt das bei 10 Prozent an und kann dann deutlich hoch gehen.

Der dadurch erzeugte Umsatzdruck und die angehäuften Teile würden bei so manchen Werkstätten dazu führen, dass sie Kunden Sachen unterjubeln, die gar nicht gebraucht werden.

Es gebe aber auch Abnahmeverpflichtungen bei der Teilnahme an Ersatzteilaktionen. Oder so was wie Frühlings- und Winterchecks.

Der ehemalige Opel-Vertragspartner:

Von diesen Aktionsdumpingpreisen kann man aber nicht leben. Deshalb geht es eigentlich nur darum, die Kunden so in die Werkstätten zu locken und ihnen dann möglichst viel aufs Auge zu drücken, also auch teure und auch unnötige Sachen zu verkaufen. Wie soll man es denn sonst machen?

Und der Hersteller verdient kräftig mit. Das alles wollte ich nicht mitmachen.

Wie er von Kollegen wisse, sei diese Problematik nicht nur ein Opel-Phänomen, sondern betreffe die markengebundenen Werkstätten praktisch aller Hersteller. Nun denn…